„Inklusion natürlich alltäglich und ganz selbstverständlich“
Reifenschwinger der Murnauer Schäffler lobt das Miteinander im AURA-HOTEL
Pünktlich mit dem Auftritt der Murnauer Schäffler hielt auch der Winter Einzug ins Ammertal. Am 4. Tanztag machte der rund 100-köpfige Tross, samt Blasmusik, Tänzern, Reifenschwinger und Kasperl, auch im AURA-HOTEL in Saulgrub halt.
Der Rotaryclub Murnau-Oberammergau hatte, dem auf blinde und sehbehinderte Gäste spezialisierten Hotel, den Tanz großzügig spendiert.
Unter den Augen des Landtagsabgeordneten Harald Kühn, dem Landrat Anton Speer, Saulgrubs Bürgermeister Rupert Speer und gut über 300 Besuchern tanzten die Schäffler mit ihren buchsbaumgeschmückten Bögen die traditionellen Figuren ihrer Zunft. Das Zeremoniell folgt einem strikten Ablaufplan, den die Tänzer bereits seit September 2019 akkurat eingeübt haben. So konnten die Schaulustigen unter den Klängen des Jugend- und Blasorchesters Murnau unter anderem von der „Laube“ über das „Sommerhaus“ bis hin zur „Krone“ die verschiedensten Tanzfiguren bewundern.
Während des siebten und letzten Tanzes, dem „Kontratanz“, bestieg der Reifenschwinger das Fass und schwang seine Reifen, mit dem obligatorischen Schnapsglas, durch die Luft. In seiner folgenden Laudatio auf den Tanzgeber, erzählte er über die Besonderheiten des AURA-HOTELs und den Stellenwert in der Region. Er erwähnte die gute Zusammenarbeit mit den Saulgruber Ortsvereinen und dem Engagement der vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern, die das Team des Hotels großartig unterstützen.
Mit einem Zitat aus der Chronik zum 50-jährigen Bestehen (2012) brachte der Reifenschwinger die täglich gelebte Inklusion auf den Punkt:
„…daran lässt sich ablesen, wie sich das Selbstverständnis blinder und sehbehinderter Menschen und das Erscheinungsbild in der Gesellschaft verändert haben. Übergeordnetes Ziel war von Anfang an, den Menschen zu helfen, den angemessenen Platz in der jeweiligen Gesellschaft zu finden, integriert zu leben, nicht mehr im Bewusstsein Leistungsempfänger, sondern trotz Handicap mittendrin zu sein, Bürger unter Bürger mit Chancen, Rechten und Pflichten. Das lässt sich festmachen an der Entwicklung vom Erholungsheim zum Hotel, von der Umschulungsstätte und den Angeboten zur Elementarrehabilitation bis hin zur qualifizierten Fortbildung, vom geförderten Heimaufenthalt zum umworbenen Gast und dem Ambiente eines Nischenhotels für alle, die es lieben gerne dort zu sein, wo nichts oder wenig zu sehen normal ist.“
Darauf erhob der Reifenschwinger sein Glas mit den besten Wünschen und ließ das Team und alle Gäste dreimal hochleben.
Anschließend betrat der Fasskasperl die Bühne – dargestellt von Emanuel Pittrich, dessen Vorfahre Michael Pittrich laut Überlieferung den Tanz 1842 von München nach Murnau gebracht hatte.
Zu Beginn setzte sich der Kasperl mit der Bedeutung des Namens „AURA“ auseinander – von Ausstrahlung, Energie und gar der Göttin der Morgenbrise war die Rede. Er berichtete in seinen Versen für die Besonderheiten des Hauses und die neu entwickelte Orientierungs-App, die auch für manchen Schäfflerkollegen von Nutzen wäre, wenn dieser den Heimweg nicht recht findet.
Nachdem der Kasperl noch allerlei lustige Begebenheiten rund um die Belegschaft zum Besten gegeben hatte, dankte er zum Abschluss dem Rotaryclub Murnau-Oberammergau:
„…Guad dass ma de Rotarier ham, weil de stenga oiwei zam um dene Hilfe zu bereiten, de ned san auf da Sonnaseit’n.“
Er ließ nochmal alle hochleben und warf sein Schnapsglas in hohem Bogen hinter sich.
Unter großem Applaus und musikalisch begleitet, marschierten die Murnauer Schäffler dann auch schon wieder von der Tanzfläche ab, um zum nächsten Auftrittsort zu eilen…
Die komplette Fassrede des Kasperls:
AURA-Hotel hoaß’t es hier,
und vor’m AURA-Hotel tanz’n wir.
Und I frag mi, liebe Leudt,
was des Wort AURA wohl bedeut‘.
Schlag schnoi in Wikipedia nach,
ja – da steht fei ganz vui Sach.
„Ausstrahlung“, ja des könnt’s sein,
denn die Atmosphäre hier is fein.
„Energie“, – a des steht geschrieb’n,
zum Auftanken wird gern hier geblieb’n.
Selbst a Göttin wird so genannt,
in Griechenland war sie bekannt.
AURA – Göttin der Morgenbrise,
so nannten’s des Lüft’l des süße.
Zu Gott g’hert a da Heiligenschein,
a des duat a Bedeutung sein.
D’rum versteh I jetz ganz guad,
warum ma den Nahma AURA nemma duat.
Genug der Erklärungen, jetz fang ma o,
über’s AURA-Hotel da Kasperl einiges berichten ko‘.
As AURA-Hotel is im ganz’n Landkreis bekannt,
umgangssprachlich werd’s a Blindenheim genannt.
Doch dieser Begriff der Wahrheit ned entspricht,
da des Hotel mit am riesen Angebot besticht.
Skifahr’n, Wandern, Comedy,
die Belegschaft & Ehrenamtler stell’n ganz schee was hi.
So a Betreuung gibt’s sonst nirgendwo,
de Gäste macht’s b’sonders froh.
Des Hotel is offen für Jedermann,
damit Inklusion passier’n kann.
Im Hotel find ma si leicht zurecht,
Bodenmarkierungen, spezielle Lampen, da Speiseplan übers Telefon
– ja ned schlecht!
Kann ma den Eingang (no) ned seh’n,
einfach Richtung „plätschern“ geh’n.
Am Brunnen vorbei – drauß is ma scho,
oder ma landt – versehentlich – auf’m Klo.
Mit a extra entwickelten App findt jeder alloa vom Bahnhof her,
dank akustischer Signale is des gar ned schwer.
Sowas war für manch’n Schäfflerkameraden a ned schlecht,
denn mancher findt an Hoamweg ned recht.
Aber mancher wui erst gar ned heim,
dafür schlafft er am nächsten Tag scho mittags ein.
Für diverse Veranstaltungen ma si mit Ortsvereine zammaduad,
zur Feuerwehr is da Draht besonders guad.
Etliche Male san de Feuermelder scho losgegangen,
aufgrund der Fehlalarme wurd‘ de Feuerwehr direkt mit Bierkästen empfangen.
Als dad’n de Fehlalarme no ned g’langa,
is bei de Sternsinger a no da Rauchmelder losganga.
Da Melchior hod’s mim Weihrauch so guad gmoant,
a jeder im Haus hod bloß no g’woant.
As Ergebnis der Räucher-Aktion – Ihr kennt’s es eich denk’n,
as AURA-Hotel derf da Feuerwehr wieder moi Bierkästen schenk’n.
Is as nächste moi wieder soweit,
sogt’s Bittschee am Kasperl a Bescheid.
A guad’s Miteinander schätzt ma hier sehr,
ob beim Schützenverein mim Spezialgewehr,
beim Sonnwendfeuer oder Benefizkonzert,
a jeder zur Gemeinschaft g’hert.
Restaurantleiter Thierry kimmt bei de weiblichen Gäste sehr guad o
Und ma mit eam einige spontane Parties feiern ko.
Feierbiest wird er genannt,
doch a wegen folgender Geschichte is er bekannt.
Die Hundedusche des Hauses war eam ned bekannt,
er nur an Gartenschlauch in der Raucher-Ecke fand.
Den Gebäudeplan ned g’scheid studiert,
an Gartenschlauch zum Hunde duschen ausprobiert.
Ergebnis des Experiments – Der Hund der hatte sichtlich Spaß,
Thierry und die Dame war’n komplett nass.
Seine rührige und fürsorgliche Art macht ihn aus,
aber a hektisch is er – und schaut deshalb ned ganz ums Haus.
Als er um die nächste Ecke geht,
er direkt vor der Hundedusche steht.
De aktuelle Schneesituation de is a G’frett,
Langlaufen wär sonst nett.
De Gäste kemma trotzdem ins Schnauf’n,
miassn jetz hoid bissl länger lauf’n.
„Wandern konn ja a schee sei“
De Schwimmbad-Terrasse is a g’fährlicher Ort,
kaum is ma drauß’n – Tür geht zua – Belegschaft fort.
Tür verschloss’n, koana da,
de drauß‘ vergess’en Damen war die Lösung klar.
Da wird ned lang diskutiert
Und oamfach barfuaß und im Bikini durch d’Lobby marschiert.
Dass de Gäste moi wos überseh’n – konn passier’n,
doch a d’Belegschaft scheint so manch’n aus de Augen zu verlier’n.
De Weihnachtsfeiern san immer a recht wuide G’schicht,
Polonese durch’n Dorfwirt tanzt ma in da „staaden Zeit“ fei nicht.
As Ritterfest konn ma da scho eher lob’n,
da Hausmoasta Toni wurd‘ sogar in Ritterstand erhob’n.
Für de Suche nach a holden Maid,
hod da Kasperl steht’s an Tipp bereit.
Denn oans des woas I g’wiss,
de „Burg am Garhöll“ in Murnau voller Burgfräulein is.
De san hoid scho a bissl oita, I hoff des stört ned.
Herr Jungkurth, der Mann für alle Fälle an der Rezeption,
hat heuer sei 25. Dienstjubiläum schon.
Er bleibt normal lieber im Hintergrund,
bei da Jubiläumsfeier geht’s aber hoffentlich wieder rund.
Als letzt’s dank man o dene Leidt,
de andere mach’n gern a Freid.
Guad dass ma de Rotarier ham,
weil de stenga oiwei zam
um dene Hilfe zu bereiten,
de ned san auf da Sonnaseit’n.
De oan de kemma von Murnau,
de andern aus’m Ammergau
und hoif’n wo ma hoifn ko,
und schiam Projekte glei mit o
damit ois besser laffa duad,
des finden mia fei richtig guad.
Des is doch an Applaus wert.
Jetz bin I scho am End‘ o’kemma,
wui deshoib jetz mei Glas’l nemma.
Meine Versl’n san jetz gar,
I hoff mia seg’n uns wieder in 7 Jahr.
Die Belegschaft des AURA-Hotels, alle Gäste und Ehrenamtler und die Rotarier Murnau und Oberammergau
sie sollen dreimal vivat – hoch – hoch – hoch
Fasskasperl 2020 – Emanuel Pittrich