Gefahr in Verzug – Üben für den Ernstfall
Alle Dörfer im Ammertal haben eines gemeinsam – die örtlichen Feuerwehren bestehen aus einheimischen Männern und Frauen, die freiwillig und neben ihrer hauptberuflichen Beschäftigung bei einem Brand oder Unfall zur Hilfe eilen. Umso wichtiger sind die regelmäßigen Übungen und Schulungen der Laien, um im Ernstfall gut gewappnet zu sein.
Am 27. September war es wieder so weit und das AURA-HOTEL diente als Objekt einer großangelegten Übung für die Feuerwehren der umliegenden Gemeinden:
Kalt und regnerisch ist es an diesem Dienstag, an dem Aladar Harkai gemütlich mit seiner Familie beim Abendessen zusammensitzt – als plötzlich der schrille Ton seiner Alarm-App losgeht. Er ist ein Mitglied der „Floriansjünger“ und auf seinem Handy steht zu lesen „Brand im AURA-HOTEL“.
Nun zählt jede Minute…
Der neue Teamleiter unserer Gästebetreuung springt sofort auf und macht sich auf den Weg zum Feuerwehrhaus in seinem Wohnort Bad Kohlgrub. Dort werden schon die drei Einsatzfahrzeuge bereitgestellt und die Kameraden ziehen in Windeseile ihre Schutzkleidung an. Und los geht’s – bereits 6 Minuten nach Alarmierung biegen die Feuerwehrautos mit Blaulicht und Sirene in die Hofeinfahrt des AURA-HOTELs ein. Dort stehen schon die Feuerwehrler*innen aus Saulgrub, um den 1. Kommandanten Georg Sporer jun., der an diesem Abend den Großeinsatz leiten wird.
Nach und nach treffen immer mehr Einsatzfahrzeuge der Freiwilligen Wehren aus der Umgebung ein. Schnell werden die Aufgaben verteilt und bereits erste Schläuche ausgerollt und an Hydranten angeschlossen. Die Feuerwehrautos haben zwar alle, je nach Modell, einen gewissen Vorrat an Wasser mit an Bord, aber der reicht nur wenige Minuten in einem wirklichen Brandfall. Das Fahrzeug der Kohlgruber zum Beispiel ist mit 2400 l Wasser gefüllt und würde bei voller Leistung 800 l in der Minute einsetzen können, also gerade mal 3 Minuten!
Kurz zuvor:
Unsere Gäste verlassen nach dem Abendessen das Restaurant, gehen aufs Zimmer oder nehmen noch einen Drink in der Lobby. Unerwartet hallt um 19:03 Uhr der Feueralarm durchs ganze Haus, die Brandschutztüren fallen zu – die elektronische Meldeanlage zeigt eine Gefahrenquelle auf der ersten Ebene im Erholungsflügel an. Haustechniker und Brandschutzbeauftragter Stefan Samm eilt in das Rezeptionsbüro, holt Gästelisten und Generalschlüssel und übergibt beides am Haupteingang wenig später an den Saulgruber Kommandanten.
Währenddessen begleiten Hotelmitarbeiterinnen und Mitarbeiter die ersten Gäste nach draußen zum offiziellen Sammelpunkt vor dem Seminargebäude. Unsere blinden und sehbehinderten Gäste wurden im Vorfeld informiert, bei der Seminargruppe des BVS weiß nur der Übungsleiter Bescheid. Trotzdem folgen alle diszipliniert der Anweisung, das Gebäude auf schnellstem Wege zu verlassen.
Im warmen Labersaal gehen Evakuierungshelfer durch die Reihen und prüfen mittels der Namenslisten die Anwesenheit aller Gäste. Sanitäter des BRK Bad Kohlgrub fragen nach dem Befinden der Gäste. Anschließend werden sie von Restaurantleiter Thierry Girard und seinen Mitarbeiterinnen mit Getränken versorgt. Die Stimmung ist gut, wissen doch nun alle, dass nicht wirklich Gefahr im Verzug ist.
Szenenwechsel – Zur selben Zeit im Haupthaus:
Durch den Flur der ersten Ebene ziehen dichte Rauchschwaden, die nur noch von den Brandschutztüren in Schach gehalten werden. Die Saulgruber Feuerwehrleute installieren einen Brandschutzvorhang und der erste Suchtrupp, ausgestattet mit schweren Atemschutzgeräten, Schnellangriffsschlauch und einer Wärmebildkamera, beginnt die Suche nach Personen, die sich möglicherweise noch in den Zimmern aufhalten. Bei Zimmer 205 schlägt die Kamera an – zwei Personen befinden sich dort, eine Dritte auf dem Balkon. Mittels einer Rauchmaschine wurde der Raum so derart vernebelt, dass die Einsatzkräfte nicht einmal ihre Hand vor Augen sehen.
Die Feuerwehr „rettet“ die beiden Männer, die „nach Drehbuch“ bei Bewusstsein sind und den Raum selbstständig verlassen können. Die junge Frau am Balkon wird über die Drehleiter des Oberammergauer Einsatzfahrzeuges in Sicherheit gebracht. Übrigens sind die drei „Opfer“ normalerweise auch aktive Mitglieder der Feuerwehr Saulgrub und haben sich gerne für die Übung bereiterklärt. Sie waren es auch, die den Alarm letztlich auslösten, bereits nach einer halben Minute völlig eingenebelt und ihrem Empfinden nach „gefühlt ewig“ auf Rettung warteten.
Zeitgleich „durchkämmt“ Aladar Harkai mit seinen Kameraden der Kohlgruber Feuerwehr alle Zimmer der anderen Etagen des Hotels, um sicherzustellen, dass niemand mehr im Gebäude ist. „Keine Personen mehr im Haus“, schallt es bald darauf durch das Funkgerät.
Das ganze Szenario wird aufmerksam von Kreisbrandmeister Josef Pongratz beobachtet. Er wird später mit dem Einsatzleiter Georg Sporer jun. und den weiteren Verantwortlichen die Übung nachbesprechen und Hinweise geben, was noch zu verbessern ist.
Nach einer knappen halben Stunde gilt die Lage als gesichert. Der Saulgruber Kommandant informiert in einer kleinen Ansprache persönlich die Gäste und bedankt sich bei allen Beteiligten. Draußen bauen in der Zwischenzeit die Kameraden der fünf Feuerwehren ihr Equipment wieder ab und fahren ins Saulgruber Gerätehaus. Dort wartet eine wohlverdiente, von der Gemeinde spendierte Brotzeit, um den Einsatz nochmal in großer Runde nachklingen zu lassen.
Der Einsatztest zeigt, wie wichtig das regelmäßige Üben der einzelnen Feuerwehren im Ammertal ist, um im Ernstfall ruhig und professionell gemeinsam handeln zu können. Auch das Testen der Brandschutzanlagen, Feuermelder und Leitsysteme ist notwendig – vielleicht denken Sie kurz daran, wenn jeden letzten Samstagmittag im Monat kurz die Ortssirenen aufheulen.
Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Mitwirkenden der freiwilligen Feuerwehren Saulgrub – Altenau – Bad Kohlgrub – Bad Bayersoien, Oberammergau und Unterammergau, den Sanitätern vom BRK und HVO Bad Kohlgrub und unseren Gästen für ihr Engagement und die Einsatzbereitschaft an diesem Tag.